Vom Öko-Institut nach Australien

Eine fast umweltfreundliche Heimreise von Deutschland nach Australien

GRAHAM ANDERSON HAT BIS SOMMER 2019 ALS WISSENSCHAFTLER AM ÖKO-INSTITUT IN BERLIN GEARBEITET. SEINE RÜCKREISE IN DIE HEIMAT AUSTRALIEN WOLLTE ER MIT SEINER FRAU SO NACHHALTIG WIE MÖGLICH GESTALTEN UND ENTSCHIED SICH FÜR DEN ZUG UND GEGEN DAS FLUGZEUG. WIE DIESE REISE (VOR DER CORONA-PANDEMIE!) FAST GELANG SCHREIBT ER IN SEINEM REISEBERICHT.

Die Planung

Um alle Vorbereitungen für die Reise mit der Trans-Sibirischen-Eisenbahn entspannt erledigen zu können, wird ein Zeitraum im Vorfeld von sechs Monaten empfohlen – wir hatten sechs Wochen. Alle Visa, Tickets und Unterkünfte wurden vorher gebucht, um die ersten zwei Wochen der Reise – von Berlin nach Hanoi – zu meistern. Das Visum für Vietnam erhielten wir in Nanning in Südchina. Die Vorabplanung war notwendig, um die Einreisebestimmungen für Russland, die Mongolei und China zu erfüllen. Gebucht wurde zunächst nur bis Hanoi für den Fall, dass doch etwas schief lief, aber auch, weil das alles war, wofür die Zeit noch reichte. Erst am Morgen der Abreise wurden die Pässe mit den Visa abgeholt.

Mit Bus und Bahn nach Canberra

Freunde halfen uns, die letzten Taschen zu packen und gingen mit uns den Weg an der Spree entlang vom Zuhause in Kreuzberg bis zum Ostbahnhof. Dort starteten wir mit dem Nachtzug nach Moskau. Eine sehr bequeme Art der Abreise. Eine Zugreise von Berlin nach Canberra ist eine wundervolle Art zu Reisen und eine gute Wahl, um den Wechsel vom Leben in Deutschland zum Wiedereinstieg in Australien zu meistern. Die ersten drei Wochen der Reise legten wir nur mit der Bahn zurück: von Berlin nach Moskau, über Sibirien zum Baikal-See und Ulan-Ude, in die Mongolei – Ulaanbaatar und weiter nach Peking (wo sich der Stadtverkehr durch Elektroroller und die Verbannung von Benzin-Rollern deutlich verändert hat). Weiter durch China nach Nanning und bis nach Vietnam – Hanoi, Huè und Ho Chi Minh Stadt.

Von dort ging es mit Bussen weiter nach Phnom Penh und nach Siem Reap, wo wir drei Tage Rast einlegten, Angkor Wat besichtigten und danach mit dem Bus weiter nach Aranyaprathet an der kambodschanisch-thailändischen Grenze fuhren. Von dort bis Bangkok und teilweise die malaysische Halbinsel entlang nach Padang Besar an der Grenze zu Malaysia ging es mit Zügen ohne Klimaanlage weiter. Die Strecken nach Kuala Lumpur und Singapur legten wir mit dem Bus zurück. Es war eine wirklich einzigartige Reise, aber mit wenig Zeit zum Ausruhen und Durchatmen.

DIE FORTBEWEGUNG IN ÖFFENTLICHEN VERKEHRSMITTELN IST IN JEDER HINSICHT SPANNEND.

Mitreisende auf dem Weg

Besonders der Kontakt zu neuen Bekannten und Mitreisenden begeistert dabei sehr. Zugreisen ermöglichen oft jene kleinen Gemeinschaften, die sich in jedem neuen Abteil bilden können. Im Nachtzug nach Moskau teilten wir ein Abteil mit einer russischen älteren Frau, die von ihrer Leidenschaft für die Herstellung von Puppen erzählte. Außerhalb von Moskau begegneten wir einem Ex-Polizisten aus dem Kaukasus, der uns mittels Google Translate auf seinem Handy seine Biografie erzählte. Er hatte seinen Job bei der Polizei aufgegeben, um sich der Familientradition des Backens zu widmen. So ging unsere Reise weiter durch Sibirien und Südostasien: reden, Leute kennenlernen, ausruhen, sich von neuen Bekanntschaften wieder trennen oder zusammen weiter reisen – mit Mitreisenden aus Frankreich, Großbritannien, Singapur, Mongolei, Vietnam, Thailand oder China.

Der eigentliche Plan war es, zwei Nächte an jedem großen Umsteigeplatz zu verbringen. Wir hatten also zwei Nächte in Moskau vor dem Start mit der Trans-Sib. Nach dem Einpacken unseres Lebens in Berlin waren wir froh, einfach ein wenig die schöne, beeindruckende Szenerie beim Vorbeifahren zu betrachten.

In den meisten Städten bekamen wir ein Hotel in fußläufiger Nähe des Bahnhofs. Wo wir doch die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen mussten – ganz ohne Internet – waren wir sehr stolz auf uns, den Weg zu finden. Als ob wir die ersten Menschen auf der Erde wären, die das herausgefunden hatten.

Das Umsteigen

Verglichen mit Langstreckenflügen war die Zeit, die wir in den Zugsesseln saßen, sehr lang und die Zeit zum Umsteigen relativ kurz. Die Stopps, die wir auf der Reise einlegten, um etwas Zeit zum Ausruhen oder Sightseeing zu haben, fühlten sich genauso an wie internationale Transit Stopps, bei denen man sich beeilen muss, um den Anschluss zu erwischen.

Von Moskau bis zum Baikal-See waren es vier Tage Zugfahrt. Diese Zeit haben wir wirklich sehr genossen und es war gar nicht anstrengend, sondern sehr erholsam. Wir durchquerten das Ural-Gebirge in der Nacht (weshalb ich leider meinen persönlichen Abschied von Europa verpasste). Nach vier Tagen und vier Nächten waren wir dann aber glücklich aus dem Zug steigen zu können, im kleinen Ort Tanhoi an der Küste des Baikal-Sees. Ein Tag in der Region des Baikal-Sees ist nicht mal annähernd genug – aber wenn wir überall längere Pausen eingelegt hätten, dann hätte die gesamte Reise wohl ein ganzes Leben lang gedauert.

Die Waschmaschine in Bangkok

Die größte Panne erlebten wir wohl in Bangkok, als einer unserer Pässe den Weg in die Waschmaschine fand, was bedeutete, dass wir die Reise nicht wie geplant durch Indonesien fortsetzen konnten. Wir bekamen in der australischen Botschaft zwar einen „Notfall-Pass“, damit konnten wir nach Malaysia und Singapur einreisen, jedoch nicht nach Indonesien (hierfür hätten wir Visa benötigt, was mindestens 1 Woche gedauert hätte). Also mussten wir uns entscheiden und haben unsere Etappe auf dem Archipel verpasst – naja. Wir hätten auch nicht ganz gewusst, wie wir von Bali nach Sydney hätten kommen sollen. Wir nahmen also – leider doch – ein Flugzeug von Singapur nach Sydney und beendeten unsere Reise, indem wir den Zug von dort nach Canberra nahmen: die letzte Etappe.

Graham Anderson arbeitete bis zum Jahr 2019 als Wissenschaftler am Öko-Institut. Der Australier war im Bereich Energie & Klimaschutz am Standort Berlin beschäftigt, bis er in seine Heimat Australien zurückkehrte. Den ausführlichen Bericht (auch auf Englisch) findest du im Blog des Öko-Instituts.